2009-08-05 19:41:53
Sächsisches und bayerisches Vogtland, Thüringer Wald, Fichtelgebirge – Country-Region mit Kultveranstaltungen

Waldfrieden, 16. Mai 2009/Bad Berneck, 21. Mai 2009/Bücheloh 22./23. Mai 2009/Hof, Mai 2009

Der Monat unterstand den alten und neuen Traditionen. Events, die mit den Jahren einfach „Pflicht“ wurden, da die Garantie für das Beste besteht.
Schon mehrmals habe ich über das US-Car- und Campfire-Weekend in Waldfrieden bei Plauen/Sachsen geschrieben, dass es für mich immer wieder zu den schönsten Ausflugserlebnissen des Sommers gehört. Diese Aussage kann ich auch in diesem Jahr erneut bestätigen. 3 Tage lang wird rund um den See in der beschaulichen Ferienanlage das pure Erholen gelebt. Auch, wenn die Nächte bisweilen nur relativ kurze Schlafphasen zulassen (diesmal bedingt durch die Shows von Mountarillo und Smokestack Lightin'), herrscht dort die Atmosphäre der Ruhe.
Bei all dem immer wieder geäußerten Verlangen nach einem Miteinander in der Country-Szene sei hier gesagt, dass es dieses sehr wohl noch gibt. Die Organisatoren von Waldfrieden (Thommy Wolf aus Plauen) und Bücheloh (Matthias Wolf) praktizieren nämlich seit Jahren ein Geben und Nehmen ohne darüber je groß ein Wort zu verlieren, da sie es schlichtweg als Selbstverständlichkeit empfinden. Beide Veranstaltungen finden nacheinander in Harmonie statt, werden zum Großteil von einem Stammpublikum wahrgenommen und stehen nicht im geringsten in Konkurrenz zueinander, sondern bilden vielmehr eine Einheit. Auch durch die immer währende Unterstützung von Peter Pfretzschner (DJ Hoss) ist ein fest stehendes System entstanden, das durch gute Pflege einfach läuft und sich immer wieder selbst bestätigt.
Wer sich im Areal um die Feldscheune in Bücheloh/Thüringen befindet, mag unwillkürlich Luckenbach/Texas vor seinem inneren Auge haben. Auch der Anspruch an handgemachte Country Music wird dort in ihrer ursprünglichsten Form gelebt und dem Begriff „Feiern“ die Chance gegeben, zu sich selbst zurück zu finden. Mit der Entscheidung für Rebound am Freitag und Country Express am Samstag Abend war ein hundertprozentiges Erkennen der Bedürfnisse des zu erwartenden Publikums ohne jede Abschweifung klar. Matthias Wolf geht bei seiner Planung stets methodisch vor und erkennt die Umstände. Vor allem Country Express, auf die er bei der CMM in Nürnberg und Berlin aufmerksam geworden war, standen musikalisch im exakt richtigen Verhältnis zu den Anforderungen und Voraussetzungen in Bücheloh. Es gibt also noch Bands, die das Mischungsverhältnis von klassischen Songs und seltenen Juwelen derart beherrschen, dabei die Liebe zu bestimmten Künstlern hervorheben, ohne andere zu vernachlässigen. Und weil einfach keiner genug davon bekam, stellte sich Frontman Gerry Hinrichs nach Ende der eigentlichen Show noch mal allein mit seiner Gitarre auf die Bühne und beendete die Nacht so, wie sie es verdient hatte.
Oft wird bei Konzerten die Wichtung der Pausenmusik unterschätzt. Was einem da manchmal entgegenkommt wirkt oft wie ein Schlag ins Gesicht. Vor allem, wenn den Forderungen bestimmter, sich sportlich betätigender Randgruppen zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Jedoch sicher nicht dort, wo DJ Hoss Herr der Anlage ist, denn kaum einer beherrscht so den Einsatz seiner Musik und fungiert präzise als Schaltstelle zwischen den Tänzern, Zuhörern und Live-Künstlern.
Nach Waldfrieden und Bücheloh bewies er dies auch auf seiner eigenen Veranstaltung, dem 1. Hacienda Tex Mex Stampede am Pfingstsonntag in Hof. Der Garten des mexikanischen Restaurants bot den Rahmen für eine Familienveranstaltung mit Barbecue und Cocktail-Bar. Das Ambiente mit Sand, Sonnenschirmen, Standkörben und Liegestühlen täuschte leider, denn die frostigen Temperaturen fuhren einem in die Knochen, was vom einzig funktionierenden Heizpilz nicht gerettet werden konnte. Gehen wollte jedoch keiner, denn wenn man schon mal eine der besten Bands im Land da hat, holt man sich lieber eine Decke aus dem Auto, als dass man darauf verzichtet, sie auch anzuhören. Einfach ausgedrückt: Bei den Mountaineers aus Berlin passt vom ersten Ton an einfach alles. Der Beleg dafür, dass eine Songliste nicht wahnsinnig originell sein muss, sondern dass es vielmehr darauf ankommt, wie man sie interpretiert. Durchmischt mit eigenen Liedern, einfach rund und vollendet. Vor allem herrlich - die Steel Guitar wird nicht nur als Untermalung hergenommen, sondern darf im Vordergrund dominieren und dem Sound einen eigenen Stil schenken. Trotz des eisigen Wetters konnte die Premiere in der Hacienda als Erfolg verbucht werden und wird auf jeden Fall fortgesetzt. Vielleicht also eine weitere Markierung im Kalender, die jeden Sommer fest steht und deren Besuch nicht weiter hinterfragt werden muss.
So wie es für viele seit nunmehr 16 Jahren an Himmelfahrt nur den einen Anlaufpunkt gibt: Den Little Texas Saloon in Bad Berneck. Wie eine Börse im oberfränkischen Raum, wo ein Austausch von Informationen und freudigen Begegnungen zwischen Country-Musikern und -Fans stattfindet. Dabei immer umrahmt von individueller Musik, die sich in die besondere Stimmung des Ortes einschleicht und sie stützt. Traditionell eben, daher diesmal die Wahl ebenfalls für Rebound aus der Schweiz, deren Frontfrau Tina Clark ihre Vorliebe für Perlen aus der früheren Zeit der Country Music hat. Hier sowie am Folgetag in Bücheloh brachte die Band diese intensive Verwurzelung rüber, ohne dabei belehrend zu wirken. Jeder darf sich ein Stückchen davon mitnehmen, wenn er das möchte, ohne Zwang und ohne Pflicht. Die meisten taten es gern, denn die Art, wie einem die Musik nahe gebracht wird, ist mindestens genauso wichtig, wie sie selbst.
Ich denke, die Unsterblichkeit all dieser Veranstaltungen ist nicht garantiert. Alles unterliegt einer Wandlung. Jedoch haben sich bestimmte Inseln eine feste Position erarbeitet, die in ihrer Basis von den Menschen lebt, die sich um ihren Erhalt kümmern und solchen, die sie durch ihre Teilnahme unterstützen. Diese vier zumindest sind uns schon mal auch für das nächste Jahr gesichert. Und hoffentlich noch darüber hinaus.

Bettina Granegger - 7/2009

[zurück]